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Die Möglichkeiten von Luftseilbahnen für den Personennahverkehr
19.03.2025
Luftseilbahnen bieten innovative, nachhaltige Lösungen für den urbanen Personennahverkehr und entlasten bestehende Systeme.
Neue Verbindungen schaffen: Innovative Lösungen für die urbane Mobilität
Mobilität ist eines der wichtigsten Themen unserer Zeit. Das betrifft einerseits multimodale Konzepte für den Personennahverkehr, mit denen sich neue Verknüpfungspunkte im urbanen und suburbanen Raum verwirklichen lassen. Andererseits müssen die dafür eingesetzten Transportmittel nachhaltig sein, damit eine grüne Verkehrswende in Europa gelingen kann. Während man bei ÖPNV-Netzen vor allem an Bus und Bahn denkt, eröffnet die Luftseilbahn mit ihrer Fähigkeit, Lücken im System einfach zu schließen, Verkehrsplanern ganz neue Chancen für die Entlastung des öffentlichen Personennahverkehrs. Ziel sollte es sein, die Reisezeit deutlich zu verkürzen. Gleichzeitig ist die Seilbahn ein zuverlässiges Transportmittel, das unter anderem geringe Betriebsrisiken, eine einfache Netzintegration, eine schnelle und kosteneffiziente Errichtung, einen kleinen ökologischen Fußabdruck, geringen Flächenverbrauch, Barrierefreiheit und ein digitales Steuerungssystem mit autonomem Betrieb bietet.
Neue Möglichkeiten für urbane Mobilität
Warum kommt die Luftseilbahn in Europa dann bislang vor allem in Skigebieten und nicht öfter in der Stadt zum Einsatz? Als Bedenken werden hier oftmals witterungs- und windbedingte Betriebsstörungen aufgeführt, die zu Ausfällen im ÖPNV-Netz führen könnten. Dabei beruhen Seilbahnen auf einer erprobten und ausgereiften Technologie, die sich in ihrer über hundertjährigen Geschichte in den extremen klimatischen Bedingungen und Geländebereichen des alpinen Raums bewährt hat. Hinzu kommt die Entwicklung neuer Systeme, bei denen die Einfachheit einer Einseilumlaufbahn mit der Kraft eines Dreiseil-Systems kombiniert wird. So lässt sich trotz kompakter Stationen und Komponenten eine hohe Windstabilität von bis zu 110 km/h erreichen. Das Dreiseil-System setzt sich hier aus einem Zugseil, das die Kabinen bewegt, und zwei Tragseilen, die eine windstabile Fahrbahn bilden, zusammen. Als Grundlage dient ein Laufwerk, bei dem von oben auf das Seil greifende Klemmen den nötigen Halt geben, während die Laufwerkrollen eine reibungsarme Laufruhe gewährleisten. Die einfache Seilführung minimiert die Kräfte bei der Stützenüberfahrt, was einen geringen Wartungsaufwand mit sich bringt. Gleichzeitig sorgt die Verwendung von Rundrohrstützen für einen kleinen Fußabdruck am Boden und ermöglicht eine einfache und schnelle Montage. Dadurch lassen sich Seilbahnprojekte in einem Zeitraum von nur sechs bis 18 Monaten realisieren. Hinzu kommt ein geringer Flächenbedarf, da nur die Stützen und die Stationen Platz am Boden benötigen. Nicht zuletzt bieten diese Seilbahnsysteme lange Seilfelder, weshalb weniger Stützen notwendig sind. Damit sind sie perfekt für die Überwindung großer Hindernisse geeignet – egal ob im alpinen oder im urbanen Raum.
Aber auch beim Transport überzeugen moderne Luftseilbahnen, da sie 8000 Personen pro Stunde und Fahrtrichtung befördern können. Durch die Hinzunahme zusätzlicher Kabinen lässt sich ihre Nutzung schnell an den gerade vorhandenen Bedarf anpassen, wodurch Wartezeiten bei einer hohen Beförderungsnachfrage reduziert werden. Im Vergleich zur Durchschnittsgeschwindigkeit im Straßenverkehr, die in Wien 21 km/h, in Berlin 18 km/h und in Stuttgart sogar nur 17 km/h beträgt, ist eine Dreiseilbahn mit 25,2 km/h deutlich schneller. Die jeweiligen Kabinen nehmen bis zu 20 Fahrgäste auf und erlauben eine flexible Lenkung von Fahrgastströmen im Stationsbereich durch beidseitige Türkonzepte. Hinzu kommen eine modulare Sitzplatzanordnung zur genauen Abstimmung auf die jeweilige Nutzung und ein niveaugleicher Ein- und Ausstieg mit elektrischen Türen für einen barrierefreien Zugang. So können Fahrgäste mit Gehhilfen, Kinderwagen oder Fahrrädern die Luftseilbahn problemlos nutzen. Zudem lassen sich Seilbahnen autonom betreiben: Das System überwacht den Ein- und Ausstieg der Fahrgäste und stoppt wenn nötig, was einen sicheren und gleichzeitig wirtschaftlichen Betrieb durch die Einsparung von Personal gewährleistet.
Warum sollten die Vorzüge und Möglichkeiten einer modernen Luftseilbahn, die im alpinen Raum wunderbar funktionieren, nicht im urbanen und suburbanen Raum genutzt werden? Während sie in Lateinamerika, Mittelamerika oder in Asien längst ein wichtiger Teil des Personennahverkehrs ist, gilt sie in Europa immer noch als Exot. Dabei gibt es auch hier genügend Anwendungsfälle – sei es die Überwindung großer Wasser- und Grünflächen, von mehrspurigen Schienen- und Straßentrassen oder die Revitalisierung brachliegender städtischer Areale. Durch ihre einfache Integrierbarkeit in bestehende ÖPNV-Netze bietet die Luftseilbahn Verkehrsplanern neue Anwendungsszenarien, um verschiedene Transportmittel besser aufeinander abzustimmen. Sie kann in diesem Zusammenhang bestimmte Funktionen übernehmen, indem sie bestehende Verkehrsnetze erweitert, Lücken im System schließt, eine punktuelle Entlastung schafft oder als Brücke dient.
Durch ihren geringen Flächenbedarf am Boden lässt sie sich sogar in dicht bebaute Stadtteile einfügen. Die Seilbahnstützen werden entsprechend der jeweiligen Situation dort platziert, wo sie am besten hineinpassen, während der urbane Raum weiterhin ungehindert dazwischen hindurchfließen oder als Ort für Begegnungen genutzt werden kann. So werden weniger Flächen versiegelt und bestehende Gebäude bleiben erhalten. Dadurch sind sie auch unabhängig vom Verkehr am Boden: Ihre Kabinen schweben über Staus und verstopfte Straßen einfach hinweg und bringen die Fahrgäste ohne zusätzlichen Zeitverlust ans gewünschte Ziel. Hinzu kommen optimierte Bauabläufe bei ihrer Errichtung durch die Verwendung vorgefertigter Elemente für Stützen und Stationen. Das ermöglicht nicht nur kurze Fertigstellungszeiten, sondern ist auch deutlich kostengünstiger als innerstädtische Bahnbauten, Trassenerweiterungen oder Tunnelneubauten. So liegt die Kostenproportion von Seilbahnen gegenüber U-Bahnen inzwischen im Minimum bei 1:10. Zudem sind Luftseilbahnen fast geräuschlos. Sie tragen so zu mehr Lebensqualität für die Stadt bei.
Die Seilbahn als nachhaltiges Verkehrsmittel
Ein weiterer Vorteil der Seilbahn ist ihre Nachhaltigkeit. Laut Schätzungen werden im Jahr 2050 bereits 66 Prozent der Weltbevölkerung in Städten leben. Gleichzeitig ist der Verkehrssektor weltweit für fast ein Viertel der CO2-Emissionen verantwortlich, Tendenz steigend. Entsprechend dringlich ist es, eine Mobilität zu schaffen, die aufgrund ihrer Energieeffizienz, geringen Emissionen und einem kleinen ökologischen Fußabdruck zukunftsfähig ist – gerade im urbanen und suburbanen Raum. Die Seilbahn kann in diesem Zusammenhang mit einem geringen CO2-Fußabdruck punkten. Aufgrund ihres zentralen Elektroantriebs fallen keine lokalen Emissionen, wie zum Beispiel Stickstoffoxide (NOX) oder Feinstaub an. Beim Einsatz von erneuerbarer Energie wird die Seilbahn CO2--neutral betrieben. Eine wissenschaftliche Lebenszyklusanalyse der Hochschule Düsseldorf, die in Zusammenarbeit mit der denkstatt GmbH entstanden ist, zeigt auf, dass die Seilbahn im Vergleich zu anderen öffentlichen Verkehrsmitteln weniger als ein Viertel an Tonnen Kohlendioxidäquivalent (tCO2eq) produziert.
Und wichtig für Verkehrsplaner: Mittlerweile gibt es datenbankbasierte CO2-Rechner, mit denen die ökologische Gesamtbelastung von Seilbahnsystemen transparent dargestellt werden kann. Auf Basis einer funktionalen Einheit, bei der verschiedene Mobilitätsanforderungen wie notwendige Verbindungen, benötigte Beförderungskapazität, Betriebszeiten und Einsatzjahre zusammengefasst werden, lassen sich Ökobilanzen für Seilbahnsysteme erstellen und deren Auswirkungen auf das jeweilige Mobilitätsprojekt ganzheitlich über alle Lebensphasen quantifizieren. Aber auch die einzelnen Seilbahnstationen können zu einer nachhaltigeren Infrastruktur beitragen: So sorgt etwa deren Dachbegrünung für eine bessere Luftqualität. Die Pflanzen filtern den Staub und die Schadstoffe aus der Luft, bieten Schmetterlingen und Insekten neue Lebensräume und absorbieren den Umgebungslärm. Gleichzeitig wird das Regenwasser zurückgehalten, was die Kanalisation bei Starkregenereignissen entlastet. Zudem hilft eine Dachbegrünung dabei, sowohl die innerstädtische Temperatur als auch die Innentemperaturen des jeweiligen Stationsgebäudes im Sommer zu senken. Mit einer integrierten Photovoltaik-Anlage kann die Seilbahnstation sogar zum Stromerzeuger werden, die im Zusammenspiel mit effizienten Energiespeichersystemen die elektrische Energieversorgung entlastet.
Seilbahnen für den Nahverkehr in Deutschland und Europa
Obwohl Luftseilbahnen in Europa noch als Novum für den urbanen und suburbanen Personennahverkehr gelten, gibt es bereits einige Projekte, die aufzeigen, wie sie sich in ÖPNV-Netze integrieren lassen. Ein Beispiel ist das Projekt Câble 1 (C1), das gerade im Großraum von Paris realisiert wird und 2025 in Betrieb gehen soll. Die dort geplante Seilbahnlinie wird südostlich des Pariser Stadtzentrums auf einer Gesamtlänge von 4,5 Kilometern verlaufen und vier Gemeinden im Département Val-de-Marne mit einem Einzugsgebiet von circa 20.000 Einwohnern miteinander verbinden. Das Projekt zeigt exemplarisch auf, für welche Anwendungen sich Luftseilbahnen im öffentlichen Nahverkehr eignen und wie sie die Verkehrslenkung optimieren können: So verläuft die Linie Câble 1 (C1) auf drei Viertel ihrer Länge entlang einer Regionalstraße und parallel zu einer TGV-Bahnstrecke sowie dem Flusslauf der Marne. Dabei schafft sie neue Verbindungen innerhalb des Stadtgefüges, indem sie Hindernisse wie große Gleisanlagen überwindet. Mit ihren fünf Stationen verknüpft sie verschiedene quer verlaufende Metro-, Bus- und Regionalbahnlinien und trägt zu einer Entlastung des Zubringerverkehrs bei. Gleichzeitig können Einrichtungen wie Krankenhäuser oder Schulen besser in das Verkehrsnetz integriert werden.
Ähnlich verhält es sich mit der Seilbahnlinie Téléo in Toulouse, die auf einer Länge von drei Kilometern den Fluss Garonne und den Pech David, einen Hügel im Süden der Stadt, überquert. Sie verbindet drei wichtige Verkehrsknotenpunkte miteinander und ermöglicht Anschlüsse an die bestehenden Metro- und Buslinien. Das entlastet nicht nur den Verkehr, sondern bietet auch Ausblicke auf die Stadtlandschaft von Toulouse und die Pyrenäen. In Deutschland kennt man das bislang nur von den Bundesgartenschauen in Koblenz oder aktuell in Mannheim. Dort verbindet eine Luftseilbahn auf einer Länge von zwei Kilometern die bei den Ausstellungsgelände Spinelli- und Luisenpark. Sie wird mit Ökostrom betrieben und besteht teilweise aus wiederverwendeten Elementen: Die Kabinen und Stationsbauteile waren bereits 2022 bei der niederländischen Blumenausstellung Floriade in Almere im Einsatz. Und wie in Almere sind die Dächer der Luftseilbahn in Mannheim begrünt und damit ein natürlicher Bestandteil der Bundesgartenschau. Mittlerweile gibt es aber auch Projekte in Deutschland, bei der die Seilbahn für den urbanen und suburbanen Personennahverkehr angedacht ist. Ein Beispiel ist die Stadt Herne im Ruhrgebiet.
Zukunftsfähige Verkehrsräume
Wer eine zukunftsfähige und nachhaltige Mobilität schaffen will, muss vernetzt denken. Multimodale Konzepte sind ein wichtiger Bestandteil, um den Personennahverkehr effizienter und attraktiver zu machen. Deshalb braucht es für jeden Anwendungsfall eine Lösung, die sich schnell und kostengünstig in das bestehende ÖPNV-Netz integrieren lässt. Die Luftseilbahn bietet mit ihrer Fähigkeit, Lücken im System einfach zu schließen, neue Verknüpfungsmöglichkeiten und ist dabei deutlich nachhaltiger und kostengünstiger als andere Verkehrsmittel. Sie macht die dritte Dimension – einen bislang ungenutzten Verkehrsraum – zugänglich und ist so in der Lage, Hindernisse mit wenig Aufwand und reduziertem Flächenverbrauch zu überwinden. Zudem beruht sie auf einer bewährten Technik mit geringen Betriebsrisiken und -kosten. Richtig eingesetzt, kann sie den Verkehr im urbanen und suburbanen Raum entlasten und ihren Beitrag zu einer grünen Mobilitätswende leisten.
Exkurs: Projekt Herne im Ruhrgebeit
Es ist eines der spannendsten Konversionsprojekte im Ruhrgebiet: die Umwandlung der ehemaligen Zeche General Blumenthal in Herne. Dort soll auf einem etwa 40 Fußballfelder großen Areal eine „Internationale Technologiewelt“ mit Platz für Unternehmen, Forschung, Wissenschaft und Handwerk entstehen. An die über Jahrzehnte durch hohe Mauern abgeschottete Industriebrache grenzt im Norden ein großer IC-Bahnhof an. Um die neue Technologiewelt an die Stadt anzugliedern und die beiden jeweils nördlich und südlich vom Bahnhof gelegenen Stadtbezirke Wanne und Eickel besser miteinander zu verbinden, ist der Bau einer Luftseilbahn geplant. Herne verfolgt dabei das Leitbild des Ruhrgebiets, die „grünste Industrieregion der Welt“ zu werden: „Wir wollten eine Mobilitätslösung mit großer Strahlkraft, die so klimaneutral wie möglich ist.
Und da waren wir sehr schnell bei der Seilbahn. Wird sie mit Strom aus erneuerbaren Energien betrieben, ist sie das klimafreundlichste Verkehrsmittel der Welt“, begründet Oberbürgermeister Dr. Frank Dudda die Entscheidung. Als Teil des Personennahverkehrs mit Tram, S-Bahn und Bus soll die Luftseilbahn dazu beitragen, dass nicht nur Herne, sondern die ganze Region multimodal miteinander verknüpft wird. Zudem können die mehrspurigen Schienentrassen des IC-Bahnhofs ohne Untertunnelung überwunden werden – notwendig sind nur zwei Stützen, um über das Areal hinwegzufliegen. Oberbürgermeister Dr. Frank Dudda ist von dem Konzept überzeugt: „Mit der Seilbahn wird eine direkte und barrierefreie Verbindung bei gleichzeitiger Entlastung des Straßenverkehrs möglich. Damit lässt sich ein Hindernis überwinden, das bislang als unüberwindbar galt.“
City Cable Car Solutions - Projekte Doppelmayr Group
Mehr dazu:
Auf der INTERALPIN 2025 erhalten Sie weiterführende Informationen rund um das Thema urbane Mobilität mit Seilbahnen. Zudem werden dort die Key-Player der Branche aktuelle und vergangene Projekte hierzu präsentieren. Weitere Infos zu den Produkten und Projekten der Doppelmayr Seilbahnen GmbH finden Sie unter dem folgenden Link: Doppelmayr Group.
Textquelle: Reinhard Fitz, Doppelmayr Seilbahnen GmbH
Bildquelle: @ Île-de-France Mobilités / Doppel France